
Hummeln sind pelzig, pummelig, pomadig – und vor dem Aussterben bedroht. Von der Bedrohung für Insekten wissen wir spätestens, seitdem das Bienensterben die Medien besetzt. Vielleicht schon seit der Kabarettist Franz Hohler sein Stück „Weltuntergang“ veröffentlichte, welches mit dem Aussterben eines Käfers beginnt. Um so ein Szenario zu verhindern, setzt sich in Deutschland die NABU für den Schutz der Kleintiere ein. Sie veranstaltet jährlich ein Insekten zählen, 2022 liegt der Fokus auf der Hummel.
Einer der grössten Umweltverbände Deutschlands – NABU – organisiert jedes Jahr einen Insektensommer und ladet zum Insekten zählen ein. Gerade findet die zweite und letzte Zählung des Sommers statt, vom 5. – 14. August, nachdem die erste Runde im Juni endete. Teilnehmende sollen Ausschau nach Hummeln halten und dabei versuchen, zwischen drei Arten zu unterscheiden. Neben den grossen und auffälligen Erdhummeln schwirren hierzulande nämlich auch gelbrot behaarte Ackerhummeln und fast-schwarze Steinhummeln durch die Luft. Über 100.000 Menschen versuchten im Juni die Kleintiere zu erspähen und ihrer Art zuzuordnen.
Insekten in unserem Ökosystem
Neben den drei genannten Hummeln leben in Deutschland noch 38 weitere Hummelarten und weltweit gibt es sogar 250 verschiedene. Zusammen mit den anderen Insekten machen Hummeln unglaubliche 70 % der gesamten Tierwelt global sowie national aus. Für die biologische Vielfalt unseres Planeten sind die Kleintiere also unverzichtbar. Umso erschreckender ist es daher, dass eine deutsche Langzeitstudie feststellte, dass zwischen 1989 und 2016 über 75 % der Gesamtmasse an Fluginsekten aus Deutschland verschwunden sind. Diese Erkenntnisse gingen vor fünf Jahren um die Welt und das Bienensterben ist mittlerweile allen ein Begriff.
Die Artenvielfalt ist heute stark gefährdet. Nicht nur Insekten werden verschwinden, sondern mit ihnen ganze Nahrungsketten. So singt auch Kabarettist Franz Hohler, dass der Weltuntergang zwar mit dem Verschwinden eines Käfers beginnt, daraufhin aber auch die Vogelart ausstirbt, auf deren Speiseplan der Käfer stand. Anschliessend verschwindet die Fischart, die den Vogel, ihre Hauptnahrung, nicht weiter verschlingen kann. Insekten sind nämlich tatsächlich die Nahrungsgrundlage von zahlreichen Tieren wie Vögeln, Fröschen, Mäusen und Eidechsen. Ausserdem sorgen Insekten dafür, dass der Boden fruchtbar und das Wasser sauber bleibt. Gäbe es keine Insekten mehr, würden die Stoffkreisläufe der Natur zusammenbrechen.
Menschen schaden Insekten und sich selbst
Die Ausmasse des Insektensterbens haben jetzt einen Rahmen, aber was sind die Gründe dafür? Die Forschung nennt als Hauptgrund das Pflanzenschutzmittel der industriellen Landschaft, die Pestizide. Ausserdem braucht die wachsende Weltbevölkerung immer mehr Platz. Das heisst, neue Industrie- und Wohnsiedlungen nehmen die Lebensräume der Kleintiere zunehmend ein. Die anschwellende Besiedlung führt ausserdem zu Lichtverschmutzung, welche das Leben der zahlreichen nachtaktiven Insekten erschwert. Durch künstliche Beleuchtung verlieren Nachtfalter und Co die Orientierung und sterben vor Erschöpfung, verbrennen oder werden leichte Beute für ihrer Feinde. Ausserdem reduziert sich die Bestäubungsleistung auf beleuchteten Flächen um 62 %.
Viele Insekten sind Bestäuber, einige tag-, einige nachtaktiv. Zu ihnen zählen unter anderem Bienen, Schmetterlinge, Fliegen, Käfer, Wespen und natürlich Hummeln. Die Bestäubung der Insekten ist für uns Menschen elementar: Ohne sie wächst unsere Nahrung nicht mehr. Obst, Gemüse und Ackerkulturpflanzen wie Raps und Sonnenblumen gehen ein. Hummeln ihrerseits bestäuben besonders Tomaten sehr effizient. Über Dreiviertel der wichtigsten Nutzpflanzen des Menschen sind von Bestäubung abhängig. Das dieselbe Industrie, die die Pflanzen anbaut, zu grossen Teilen für das Insektensterben verantwortlich ist, ist eine Ironie für sich. Zum Glück hat aber nicht nur die Landwirtschaft Einfluss auf das Wohl von Insekten. Auch wir als Individuen können den Kleintieren das Leben erleichtern.
So können wir helfen
Unterstützung für Insekten ist aus allen Ecken möglich. Schulen stellen zum Beispiel auf dem Schulgelände Insektennisthilfen auf oder basteln mit den Kindern Wespenhotels für zu Hause. Wer einen Garten hat, kann diesen naturnah pflegen. Das bedeutet, anstatt den Rasen kurz zu mähen und alle Hecken zu stutzen, Wildblumenwiesen und Sträucher im Garten einfach mal stehen lassen, wie sie wachsen. Das sind Lebensräume und Nahrung für Hummeln, Bienen und eine Menge anderer Flatter- und Kriechtiere. Auch auf einem Balkon kann man Nützliches für Insekten anbauen, indem man neben Basilikum und Tomaten einige Wildblumen anbaut. Dafür gibt es Wildblumenmischungen zu kaufen (hier unbedingt auf regionale Samen achten).
Neben den Bürger:innen hat selbstverständlich die Politik eine Verantwortung. Als 2017 die Studie zum Rückgang von Fluginsekten veröffentlicht wurde, ging ein Ruck durch die Regierung. Viele Politiker:innen setzten sich für Massnahmen gegen das Insektensterben ein und 2019 hat die Bundesregierung schliesslich ein “Aktionsprogramm Insektenschutz” verabschiedet. Konkret bedeutet das mehr Geld für Insektenschutz und strengere Vorschriften bei Pestiziden. Zusätzlich hat 2021 ein nationales Monitoringzentrum zur Biodiversität in Leipzig seine Arbeit aufgenommen. Es hat zum Ziel, Praxis und Forschung zusammenzubringen und umfassende Informationen zu Biodiversitätsmonitoring bereitzustellen. Hoffen wir, dass in Leipzig bald eine Bestandeszunahme unserer pelzigen Pummelchen sowie der anderen Fluginsekten verzeichnet wird.